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Finanzpolitische Grundsatzrede zum Doppelhaushalt 2023/24

Unser finanzpolitischer Sprecher Claas Merfort begründet unsere Ablehnung

Vor genau einem Monat hat die rot-grüne Haushaltsmehrheit von SPD-Oberbürgermeister Thorsten Kornblum den Doppelhaushalt 2023/24 beschlossen. Ein Haushalt, der in keinster Weise ausgeglichen ist und der im Jahr 2027 eine Rekordverschuldung in Höhe von rund einer Milliarde Euro vorsieht.
Als CDU-Fraktion haben wir diesen Haushalt abgelehnt. Unser finanzpolitischer Sprecher Claas Merfort hat in seiner Grundsatzrede das Warum erläutert.

Wir veröffentlichen seine Rede im Folgenden in voller Länge:
Claas Merfort hat in seiner finanzpolitischen Grundsatzrede erläutert, warum wir den Doppelhaushalt 2023/24 ablehnen.Claas Merfort hat in seiner finanzpolitischen Grundsatzrede erläutert, warum wir den Doppelhaushalt 2023/24 ablehnen.

Sehr geehrter Herr Ratsvorsitzender, meine sehr geehrten Damen und Herren, liebe Kolleginnen und Kollegen,

ja, wir haben mit Respekt vernommen, dass – wenn auch in kleinem Stil – unsere und die Kritikpunkte der Kommunalaufsicht aus den vergangenen Jahren in den Haushaltsentwurf gelangt sind. Im Ergebnis ist das aber kaum bis nicht wahrnehmbar.

Der Krisenmodus bleibt auch in diesem Jahr bestehen. Und der Doppelhaushalt wird genau in diesem Licht stehen. Bundeskanzler Scholz sprach von einer Zeitenwende. Die betrifft für mich nicht nur die Beziehungen zu Russland, sondern eben auch unser gesamtes Umfeld. Die kommunalen Belastungen und Herausforderungen sind groß und kreisen unter anderem um:

  • Krieg gegen die Ukraine z.B. damit verbundene Investitionen in Zivilschutz
  • steigende Flüchtlingsunterbringung bedingt durch einen starken Anstieg aus der Ukraine aber auch aus den klassischen Asylländern
  • Anstieg der administrativen Aufwände zum Beispiel im Bereich Wohngeld
  • Investitionen und Maßnahmen gegen den Klimawandel
  • Und die Folgen von Corona pochen nach: sinnbildlich steht dafür der bilanzielle Sonderverlust, der nun im sogenannten Passivposten des Haushaltes auf Jahrzehnte von kommenden Generationen abgetragen werden muss

Doch es hat sich ein ganz zentraler Bestandteil massiv geändert: das Zinsniveau. Wegen des extrem niedrigen Zinsniveaus der letzten Jahre wurden Haushalte in der Vergangenheit geplant, die wenig Rücksicht auf eine nachhaltige Finanzstruktur gelegt haben. Das niedrige Niveau hat dazu eingeladen, kräftig Schulden zu machen und großzügig mit neuen Schulden zu planen – und dabei die Ausgabenseite auszublenden.

Bei den Menschen kommt viel mehr der Auslöser für das hohe Zinsniveau an. Was sie mehr bewegt, ist natürlich die pulsierende Inflation auf ungewohnt hohem Niveau. Was weiterhin dazu führen wird, dass das Zinsniveau steigen wird: Die Party des billigen Geldes ist vorbei. Erst letzten Donnerstag gab es den letzten Zinsschritt der EZB, trotz der Pleite zweier Banken, der Schieflage der Credit Suisse und der aktuell allgemein herrschenden Unsicherheit. Die Zentralbanken werden also Vieles tun, aber nicht die Zinsen senken. Das Gegenteil wird der Fall sein. Sie, werte Haushaltsmehrheit und werter Oberbürgermeister Kornblum, tun mit diesem Haushalt so, als hätte es die Zinswende und die Zeitenwende nicht gegeben. Sie leben noch in der Zeit des billigen Geldes und der scheinbar ewig sprudelnden Steuereinnahmen. Höher, schneller, weiter ist Ihnen im Kopf. In der Realität ist das Niveau aber flacher, langsamer und dünner geworden. Woran erkennen wir dieses fatale Weiter-So im Haushalt?
 

1. Die Stadt gibt schlicht mehr aus, als sie einnimmt
Der Verwaltungssaldo war zum ersten Entwurf ihres Haushaltes schon schlecht. Inzwischen ist er aber vollends dauerhaft ins Negative abgedriftet. Nochmal zur Verdeutlichung, was dieser Saldo aussagt:

Diese Kennzahl zeigt zum einen vereinfacht gesagt an, wie viel Geld im betrachteten Zeitraum vom Konto für Personal, Dienstleistungen, Versorgungszahlungen und Zinsen abgeht. Und zum anderen zeigt sie, wie viel auf das Konto durch Steuern und Gebühren eingezahlt wird. Investitionen spielen hier erstmal keine Rolle. Es geht also nicht um Investitionen in Gebäude, Straßen oder sonstiges, sondern um die täglichen Einnahmen und Ausgaben. Diese Zahl ist im gesamten Planungskorridor durchgehend tief negativ. Sage und schreibe im Schnitt jedes Jahr 45 Millionen Euro. Die Kommunalaufsicht wird dazu vermutlich eine klare Haltung haben und die Kritik wird nicht lange auf sich warten lassen.

Braunschweig ist mit diesem Entwurf also bei weitem nicht in der Lage die laufenden Auszahlungen mit den laufenden Einnahmen zu decken, sondern muss mit Krediten oder dem noch vorhandenen Kontostand gegenfinanzieren. Unter anderem deswegen rutscht nach dem Entwurf unser heute noch positiver Kontostand bereits im Jahr 2024 in die roten Zahlen – also ab in den Dispo. Zum Planungsende sollen die städtischen Konten sogar eine Viertelmilliarde im Minus sein.

Nochmal für all diejenigen, denen Nachhaltigkeit am Herzen liegt: Mit einem negativen Saldo aus laufender Verwaltungstätigkeit wird deutlich, dass die entsprechende Kommune den Handlungsspielraum künftiger Generationen verringert. Und das ist in Braunschweig Jahr für Jahr der Fall.

Grundsätzlich muss nun einmal überall gelten, dass die Einnahmen ausreichen müssen, um die Ausgaben zu begleichen. Es geht hier nicht im Geringsten um Sparen. Sie müssen Ihre Ausgaben in den Griff bekommen.

Und das Schlimme ist, egal wie das Zinsniveau aussieht: Braunschweig packt es mit diesem Entwurf einfach nicht. Der Saldo bliebe immer im Negativen, egal wie günstig das Zinsniveau auch ausfiele. Sie können die Entwicklung also noch nicht mal auf das aktuelle Zinsniveau schieben.

 

Mit Ihrem Entwurf ist ein weiterer Schritt getan, dass sich Braunschweig finanziell übernimmt. Obwohl es nicht schon genug ist mit den kostspieligen Projekten, die in Braunschweig vor uns liegen, wird weiter draufgesattelt, gehen wir das nochmal durch:

  • Das Städtische Klinikum mit womöglich bis zu 800 Millionen Euro
  • 140 Millionen Euro für die Stadthalle
  • Mindestens 50 Millionen Euro für die Feuerwehrwache Südwest
  • Vermutlich weitere 50 Millionen Euro für die Sanierung des Rathaus-Neubaus
  • Dazu kommen die Investitionen in den ÖPNV und in den Klimaschutz
  • Und Sie satteln nochmal ohne Angabe eines Finanzierungsplanes und -konzeptes vermutlich 150 Millionen Euro für das Konzerthaus drauf

Selbst ohne Rathaus, Konzerthaus und die sämtlichen Kosten des Klinikums schnellen die städtischen Schulden um 750 Millionen Euro in den nächsten fünf Jahren nach oben. Wir kommen nun also auch ohne den Schuldenaufwuchs in den Gesellschaften über die Schall-, oder sagen wir besser Knallgrenze von einer Milliarde Euro Schulden. Damit liegt die Braunschweiger pro-Kopf-Verschuldung mit etwa 4.000 Euro deutlich über dem Bundesdurchschnitt von 1.744 Euro.

Vom ehemaligen Spitzenwert in der Bundesrepublik bleibt nur noch die blasse Erinnerung – eine wenig rühmliche Bilanz für die rot-grüne Haushaltsmehrheit.

 

2. Eine weitere Stellschraube bleibt der Stellenplan
Auch wenn jede Stelle natürlich einen Beitrag leistet, sind wir in einer Situation, in der wir mit viel mehr Augenmerk vorgehen müssen. Nicht alles, was wünschenswert ist, ist auch zwingend erforderlich. Der Stellenplan veranschlagt hier 193 neue Stellen. Ja, ein Teil ist uns durch den Gesetzgeber vorgegeben. Aber eben nur ein Teil. Mit diesem Entwurf schaffen Sie aber auch Stellen, die eben nicht zwingend geschaffen werden müssen. Und genau darum geht es. Maß und Mitte zu halten, gerade wenn man sich nun mal in dieser Zeitenwende befindet. Hier sind geringere Aufwüchse möglich und geboten.

 

3. Das lange Warten auf die Digitalisierungsrendite
Wo wird denn die vielgepriesene Digitalisierungsrendite erzielt? Gerade hier ist zu erwarten, dass mehr Verwaltungsleistung effizienter erbracht werden kann. Digitalisierung hilft, schneller zu werden und weniger manuelle Arbeitsschritte durchzuführen. In Verbindung mit dem Aufwachsen des Stellenplanes ist hiervon nicht zu spüren. Digitalisierung heißt ja nicht, hier und da eine Stelle für Social Media Marketing zu schaffen. Geschweige denn, dass dies natürlich kommunale Pflichtaufgabe ist. Herr Dr. Kornblum, Sie haben die Digitalisierung zuvor als Dezernent verantwortet. Wo und in welcher Höhe entstehen in unserer Stadt die Effizienzvorteile durch Digitalisierung? Ich kann hier keinen nennenswerten Beitrag erkennen.

 

4. Der nächste Punkt ist der ungebremste Resteaufbau
Was können wir in Braunschweig überhaupt umsetzen? Der Resteabbau ist bereits an vielen anderen Stellen und zu vielen anderen Gelegenheiten Thema gewesen. Und das aus gutem Grund. Unterschiedliche Fraktionen haben sich dieses Themas angenommen und sich damit auseinandergesetzt. Es ist absolut unlauter, aktiv mit dem Aufbau von Resten zu planen. Übersetzt heißt das schlicht: Wir beschließen mehr, als wir wissentlich überhaupt umsetzen können. Das ist nichts anderes als Vorhaben öffentlich wider besseren Wissens anzukündigen, und zu wissen, dass diese eh nicht gelingen. Immerhin reduziert so ein Haushaltsrest auch das Defizit im jeweiligen Jahr. Dennoch ist das ein klarer Verstoß gegen wichtige Haushaltsgrundsätze. Nämlich der Haushaltsjährlichkeit sowie Haushaltsklarheit und -wahrheit.

 

5. Und abschließend habe ich eine Frage an die nachfolgenden Redner
Herr Flake, ich schätze Sie als Gesprächspartner. Was wird eigentlich aus ihrem eigenen Beschluss, bis 2026 ohne Rückgriff auf die Rücklagen auszukommen? Sie verfehlen hemmungslos auch dieses selbstgesetzte Ziel. Die Rücklagen werden verzehrt. Der vom Land geschaffenen Passivposten verzögert das zwar aktuell, aber selbst mit diesem bilanziellen Trick gelingt genau ihr eigener Anspruch in diesem Haushaltsplan dennoch nicht. Wie stehen Sie zu ihrem Entschluss?

 

 

Meine Damen und Herren, als CDU-Fraktion lehnen wir diesen Haushalt in seiner Gesamtstruktur ab. Denn er ist nicht nachhaltig und nicht der Zeitenwende angemessen geplant.